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Vergütungspauschalen bei der Kündigung eines Hausbauvertrages

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§ 649 Satz 3 BGB ist kein Leitbild für die Vereinbarung von Vergütungspauschalen im Falle einer freien Kündigung.

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers enthaltene Vergütungspauschalierung auf 15 % des Teilbetrags aus dem Gesamtpreis, der auf den Teil der Leistungen entfällt, die der Unternehmer bis zu einer freien Kündigung noch nicht ausgeführt hat, ist unwirksam, wenn die Berechnung dieses Vergütungsteils von der Berechnung der Vergütung für erbrachte Leistungen abhängt und diese unklar geregelt ist.

Kein Nachweis des fehlenden Vergütungsanspruchs

Die Unwirksamkeit der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauunternehmers enthaltenen Pauschalierungsvereinbarung ergibt sich im hier vom Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall allerdings nicht daraus, dass der Bauunternehmer seinen Vertragspartnern nicht ausdrücklich den Nachweis eingeräumt hat, ihm stehe ein Vergütungsanspruch überhaupt nicht zu.

Auf Abwicklungsklauseln nach einem gekündigten Werkvertrag, die die Höhe der Vergütung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung regeln, findet § 308 Nr. 7a BGB Anwendung. Das gilt auch für Vergütungsklauseln, die die dem Unternehmer nach § 649 Satz 2 BGB zustehende Vergütung pauschalieren. Zwar betrifft § 307 Nr. 7a BGB nach seinem Wortlaut allein Vergütungsregelungen für erbrachte Leistungen, während der Unternehmer nach § 649 Satz 2 BGB eine Vergütung auch für nicht erbrachte Leistungen berechnen kann. Es besteht aber sachlich kein Unterschied zwischen einer unangemessen hohen Vergütung für erbrachte und für nicht erbrachte Leistungen, so dass die entsprechende Anwendung des § 308 Nr. 7a BGB gerechtfertigt ist. Wegen der vergleichbaren Interessenlage findet allerdings auch § 309 Nr. 5b BGB entsprechende Anwendung. Dem Vertragspartner des Verwenders muss ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, dem Unternehmer stehe nach § 649 Satz 2 BGB überhaupt keine oder eine wesentlich niedrigere Vergütung zu als die Pauschale.

Dem wird die Klausel im entschiedenen Fall jedoch gerecht: Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht deshalb unwirksam ist, weil dem Vertragspartner des Verwenders ausdrücklich nur der Nachweis eines wesentlich geringeren Schadens eingeräumt wird. Mit einer solchen Klausel wird hinreichend klar und den Anforderungen des Gesetzes genügend zum Ausdruck gebracht, dass auch der Nachweis gestattet ist, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden ist. Denn der im Klauseltext enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises macht auch einem rechtsunkundigen Vertragspartner ohne weiteres deutlich, dass darin die Möglichkeit des Nachweises, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, eingeschlossen ist. Gleiches hat bei der entsprechenden Anwendung der §§ 308 Nr. 7a, 309 Nr. 5b BGB für die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zu gelten. Auch hier reicht es aus, wenn dem Vertragspartner der Nachweis gestattet ist, dass der dem Verwender nach § 649 BGB zustehende Betrag wesentlich geringer ist als die Pauschale. Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Celle ist daher nicht zu folgen.

Abweichen vom gesetzlichen Leitbild des § 649 S. 3 BGB

Der Bundesgerichtshof kann auch nicht der Auffassung folgen, die Höhe der Pauschale weiche von dem gesetzlichen Leitbild des § 649 Satz 3 BGB ab. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass dem Unternehmer 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Diese Regelung ist auf den Vertrag zwischen den Parteien nicht anwendbar, der im Jahre 2008 geschlossen worden ist. Denn § 649 Satz 3 BGB ist in der seit dem Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes am 1. Januar 2009 geltenden Fassung nur auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach diesem Tag entstanden sind, Art. 229 § 19 Abs. 1 EGBGB.

Die Erwägung, die Wertung des Gesetzgebers müsse bereits auf zuvor geschlossene Verträge Anwendung finden, greift schon deshalb nicht durch, weil das Gesetz keine Regelung enthält, die einer Vereinbarung der Parteien über eine 5% überschreitende, angemessene Pauschalierung der dem Unternehmer nach § 649 Satz 2 BGB zustehenden Vergütung entgegensteht. Der Gesetzgeber hat mit § 649 Satz 3 BGB eine Erleichterung für die sekundäre Darlegungslast der Unternehmer schaffen wollen, die sich nach seiner Auffassung größten Schwierigkeiten ausgesetzt sahen, einen nach Kündigung verbleibenden Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen durchzusetzen. Danach kann der Unternehmer 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung auch ohne eine Abrechnung des Vertrages geltend machen. Der Besteller kann den Nachweis einer höheren Ersparnis führen. Dem Gesetz und auch seiner Entstehungsgeschichte lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber ein gesetzliches Leitbild für Pauschalierungsabreden der Vertragsparteien schaffen und damit bewirken wollte, dass der Unternehmer stets konkret abrechnen muss, wenn er eine Vergütung geltend macht, die die gesetzliche Pauschale übersteigt. Dem steht schon die gesetzgeberische Absicht entgegen, die Durchsetzung des Anspruchs zu erleichtern. Die Absicht, bisher übliche und auch in der Rechtsprechung gebilligte Pauschalierungsabreden beschränken zu wollen, ist nicht erkennbar. Den Maßstab für Pauschalierungsabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt § 308 Abs. 7a BGB vor. Danach kommt es darauf an, ob die pauschalierte Vergütung unangemessen hoch ist. Die Unangemessenheit wird nicht durch § 649 Satz 3 BGB indiziert.

Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung lässt sich ein anderes Ergebnis auch nicht mittels § 309 Nr. 12a BGB begründen. Denn § 649 Satz 3 BGB enthält keine von den sonstigen Regelungen des Gesetzes abweichende Beweislastverteilung zugunsten des Bestellers, die durch eine höhere Pauschale in Frage gestellt würde. Die Beweislast dafür, dass der Unternehmer höhere Aufwendungen erspart hat als er behauptet, trägt der Besteller bereits nach § 649 Satz 2 BGB. Hat der Unternehmer eine den Anforderungen entsprechende Abrechnung vorgelegt, ist es Sache des Bestellers darzulegen und zu beweisen, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurden, als der Unternehmer sich anrechnen lässt. Die Pauschalierung erleichtert nicht die Beweislast, sondern die sekundäre Darlegungslast des Unternehmers.

Unangemessen hohe Pauschalierung

Die Klausel kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht deshalb als unwirksam angesehen werden, weil der nach Kündigung gemäß § 649 Satz 2 BGB zu zahlende Werklohn unangemessen hoch pauschaliert sei.

Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit der vereinbarten Pauschale ist, was ohne die Klausel vom Vertragspartner der Klägerin nach dem Gesetz typischerweise geschuldet würde. Bei einer Kündigung nach § 649 Satz 1 BGB kann der Unternehmer gemäß Satz 2 dieser Vorschrift grundsätzlich die vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich aber die ersparten Aufwendungen sowie einen etwaigen anderweitigen oder böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen. Für die Entscheidung, ob sich die pauschalierte Vergütung im Rahmen des nach dem Gesetz Geschuldeten hält, kommt es nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an, sondern auf die typische Sachlage bei vorzeitiger Beendigung derartiger Verträge.

Den Entscheidungen mehrerer Oberlandesgerichte lassen sich tatsächliche Feststellungen, die die Pauschale in der geltend gemachten Höhe als berechtigt erscheinen ließen, nicht entnehmen. Eine feste Grenze, von der ab ein bestimmter Prozentsatz als eine im Sinne des § 308 Nr. 7a BGB nicht mehr angemessene Pauschale anzusehen ist, wenn der Vertrag vor Erbringung werkvertraglicher Leistungen gekündigt wird, hat der Bundesgerichtshof für Verträge über ein Ausbauhaus nicht festgelegt. Der Bundesgerichtshof hat bei Fertighausverträgen in einem solchen Fall 5% der Auftragssumme als ohne weiteres hinnehmbar angesehen. Er hat auch eine Pauschale von 10% nicht beanstandet. Die Zulässigkeit einer Pauschale von 18% der vereinbarten Vergütung hat er ohne abschließende Entscheidung zu diesem Punkt als äußerst zweifelhaft bezeichnet. Dies beruht auf einer unter Berücksichtigung des Erfahrungswissens und der veröffentlichten Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur getroffenen Einschätzung. Die von der Klägerin geltend gemachte Pauschale von 15% des Bruttobetrags beläuft sich auf 17,85% des Nettobetrags. Von diesem Betrag ist gemäß § 649 BGB bei der Berechnung des Vergütungsanspruchs für nicht erbrachte Leistungen auszugehen. Sie erreicht einen Grenzbereich, der ohne die Kenntnis der nach Kündigung eines Hausvertrages typischerweise anfallenden Vergütung nicht mehr als noch angemessen oder schon unangemessen beurteilt werden kann. Dazu bedarf es vielmehr tatrichterlicher Feststellungen.

Transparenzgebot

Die Klausel ist jedoch deshalb unwirksam, weil sich aus ihr die vom Besteller im Falle einer Kündigung geschuldete Vergütung nicht ausreichend klar und verständlich entnehmen lässt, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise darzustellen.

Daran fehlt es hier. Die Klausel enthält nicht vorhandene Berechnungsgrößen, so dass sie unklar und unverständlich ist. Sie sieht vor, dass die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nach den Vertragspreisen berechnet werden. Solche Vertragspreise, wie sie etwa bei einem Einheitspreisvertrag gemeint sein könnten, enthält der Vertrag nicht. Der Vertrag sieht lediglich einen Gesamtpreis von 136.429 € vor. Sollte die Klausel mit “Vertragspreisen” diejenige Vergütung gemeint haben, die nach Baufortschritt als Rate zu zahlen ist, kommt das nicht hinreichend klar zum Ausdruck. Im Übrigen kann von diesem Verständnis schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil vereinbarte Teilzahlungen nicht maßgeblich sein müssen für die Bemessung der Vergütung für die im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich erbrachten Leistungen. Die Klausel würde zudem keine Auskunft darüber geben, wie die Vergütung berechnet wird, wenn die vom Auftragnehmer erbrachte Leistung im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vollständig einem Baufortschritt entspricht.

Auf die Wirksamkeit der Klausel hat keinen Einfluss, dass sie auch Fälle abdeckt, in denen die Pauschale vom Gesamtpreis gebildet wird, weil Leistungen noch nicht erbracht sind. Denn eine geltungserhaltende Reduktion auf diesen Anwendungsbereich kommt nicht in Betracht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Mai 2011 – VII ZR 181/10


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